1.2. Die Gründungsurkunde
Einige Jahre nach seinem ursprünglichen Start formulierte Debian die Prinzipien, denen es als Projekt für freie Software folgen wollte. Dieser wohlüberlegte Schritt ermöglicht geordnetes und friedliches Wachstum, indem er sicherstellt, dass sich alle Mitglieder in dieselbe Richtung bewegen. Um Debian-Entwickler zu werden, muss jeder Kandidat die Unterstützung und die Einhaltung der in den Grundlagendokumenten des Projekts festgelegten Prinzipien bestätigen und nachweisen.
Der Entwicklungsprozess wird ständig diskutiert, aber diese Grundlagendokumente erfahren breite und einvernehmliche Unterstützung und ändern sich daher nur selten. Die Debian-Verfassung bietet eine weitere Gewähr für seine Stabilität: Eine qualifizierte Dreiviertelmehrheit ist erforderlich, um eine Änderung zu genehmigen.
1.2.1. Die Verpflichtung gegenüber den Benutzern
Das Projekt verfügt auch über einen „Gesellschaftsvertrag“. Was hat ein solcher Vertrag in einem Projekt zu suchen, das nur dazu gedacht ist, ein Betriebssystem zu entwickeln? Ganz einfach: Debian arbeitet für seine Benutzer und damit auch für die Gesellschaft. Dieser Vertrag fasst die Verpflichtungen zusammen, die das Projekt eingeht. Lassen Sie sie uns näher betrachten:
Debian wird zu 100% frei bleiben.
Dies ist die wichtigste Regel. Debian besteht und wird weiterhin vollständig und ausschließlich aus freier Software bestehen. Zusätzlich wird auch alle Softwareentwicklung innerhalb des Debian-Projekts selbst frei sein.
Wir werden der Gemeinschaft, die freie Software entwickelt, etwas zurückgeben.
Jede vom Debian-Projekt eingebrachte Verbesserung eines in der Distribution enthaltenen Werkes wird seinem Autor zurückgesendet (dies wird „upstream“ genannt; übersetzt etwa „stromaufwärts“). Überhaupt arbeitet Debian mit der Gemeinschaft zusammen und nicht isoliert.
Wir werden Probleme nicht verbergen.
Debian ist keineswegs perfekt, und wir werden jeden Tag neue Probleme finden, die es zu lösen gilt. Wir werden unsere Fehlerdatenbank für alle Zeiten öffentlich betreiben. Fehlermeldungen, die von Personen online abgeschickt werden, werden unverzüglich für andere sichtbar.
Unsere Prioritäten sind unsere Anwender und freie Software.
Diese Verpflichtung ist schwieriger zu erklären. Debian führt damit bei Entscheidungen, die gefällt werden müssen, eine bestimmte Einseitigkeit ein, nämlich eine für die Entwickler einfache Lösung zurückzuweisen, die die Benutzerfreundlichkeit gefährdet, und sich stattdessen für eine elegantere Lösung zu entscheiden, selbst wenn diese schwieriger umzusetzen ist. Dies bedeutet, dass vorrangig die Interessen der Anwender und der freien Software berücksichtigt werden.
Arbeiten, die nicht unseren Standards für freie Software genügen.
Debian akzeptiert und versteht, dass Anwender häufig unfreie Programme nutzen möchten. Deshalb erlaubt das Projekt ihnen die Nutzung von Teilen seiner Infrastruktur, um auch nicht freie Software sicher als Debian-Paket verteilen zu können.
1.2.2. Die Debian-Richtlinien für freie Software
Dieses Referenzdokument legt fest, welche Software „frei genug“ ist, dass sie in Debian aufgenommen werden kann. Steht die Lizenz eines Programms in Einklang mit diesen Prinzipien, kann es in den Hauptzwieg übernommen werden. Andernfalls, und vorausgesetzt, dass seine freie Verbreitung erlaubt ist, ist es möglicherweise im unfreien Bereich zu finden. Der unfreie Bereich ist kein offizieller Teil von Debian, sondern ein Service, der den Anwendern zusätzlich angeboten wird.
Dieser Text ist nicht nur ein Auswahlkriterium für Debian, sondern ist zu einer Autorität in Sachen freier Software geworden und hat als Grundlage für die „Open Source“-Definition gedient. Historisch gesehen ist er eine der ersten formalen Definitionen des Konzepts der „freien Software“.
Die GNU General Public License, die BSD-Lizenz und die Artistic License sind Beispiele traditioneller freier Lizenzen, die die in diesem Text aufgeführten neun Punkte beachten. Im Folgenden ist der Text wiedergegeben, wie er auf der Debian-Website veröffentlicht wurde.